Verlauf der Annäherung an Westeuropa und der EU-Beitrittsverhandlungen

Die Annäherung an Westeuropa wurde sehr intensiv bereits unter Atatürk betrieben. Atatürk übernahm eine Reihe von demokratischen, gesetzlichen und sozialpolitischen Grundlagen aus westeuropäischen Staaten und betrieb eine Politik der Annäherung zwischen Westeuropa und der Türkei. Diese Annäherung wurde auch nach Atatürks Tod und nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt. 

Bereits vor der Regierung Atatürk und der Wendung des Landes zu einer demokratischen Republik hatte es jedoch immer schon enge Beziehungen zu den verschiedenen europäischen Ländern gegeben. Das wurde nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass ein Teil der Türkei auf europäischem Boden lag, ebenfalls die damalige Metropole Konstantinopel. Schon durch geographische Verkettung, aber auch durch die historisch gewachsenen Handelsbeziehungen, war die Türkei Europa näher als andere vorderasiatische Staaten.

Bereits im Jahr 1949 wurde die Türkei ein Mitglied des Europarates. Im Jahr 1952 wurde die Türkei Mitglied der NATO, was auch für Westeuropa von Bedeutung war. 1963 wurden ein Assoziierungsabkommen der Türkei und der damaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) geschlossen. In Vorbereitung einer damals in Aussicht gestellten Vollmitgliedschaft in der EG (Europäische Gemeinschaft, Vorgänger der EU) wurde ein Antrag auf die Aufnahme der Türkei in die Zollunion gestellt. In die Zollunion wurde die Türkei jedoch erst im Jahr 1996 aufgenommen. Damit war die Republik Türkei das Land mit dem eine Zollunion außerhalb der EU vereinbart wurde.

Im Jahr 1999 wurden die Türkei offiziell  als Beitrittskanditat zur EU anerkannt. Im Jahr 2005 wurden die Verhandlungen zu einem Beitritt der Türkei in die EU nach längerer Unterbrechung erneut aufgenommen. Bereits in den Vorjahren wie auch nach Beginn der Beitrittsverhandlungen wurden in der Türkei zahlreiche weitere Reformpakete verabschiedet, die eine politische und rechtliche Annäherung des Landes an die EU herbeiführten. Dazu gehörten beispielsweise die endgültige Abschaffung der Todesstrafe, auch für Kriegszeiten, das Verbot von Folter, die Abschaffung der Straffreiheit der Polizeikräfte, maßgebliche Erweiterungen der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und der freie, nicht beschränkte Gebrauch der kurdischen Sprache, beispielsweise auch im Schulunterricht und in den Medien. Mit solchen und weiteren Angleichungen an die Rechtsprinzipien in den westeuropäischen Demokratien rückte das Land noch näher an die Europäische Union heran. 2009 wurde erstmals ein türkischer Europaminister ernannt, der die Beitrittsverhandlungen zu leiten hatte.